Leimener Integrationsgeschichten (4) – Familie Ibrahim/Yaseen

von Johanna Hettler

Flagge Irak

Familie Ibrahim / Yaseen ist im Februar 2016 nach Deutschland gekommen. Anfangs hat die Familie 25 Tage in einem großen Camp in Sigmaringen gelebt, bevor sie anschließend zwei Jahre in der Unterkunft in der Markgrafenstraße 4 in Leimen lebte.

Heute wohnt die Familie in einer Wohnung, ganz in der Nähe dieser Unterkunft. Die Familie stammt aus Erbil. Herr Yaseen hat dort als Heizungsmonteur gearbeitet, Frau Ibrahim hat Agrarwissenschaften studiert und sich um die zwei Kinder der Familie gekümmert.

Heute arbeitet Herr Ibrahim als Heizungsmonteur bei einer bekannten Firma im Rhein-Neckar-Kreis. Er hat zuvor ein Training zur Fachkraft für Haustechniker speziell für Geflüchtete absolviert. Hier hat er Deutsch gelernt, v.a. spezielle Fachbegriffe im technischen Bereich und konnte praktische Erfahrungen sammeln. Anschließend hat er ein Zertifikat erhalten und dadurch inzwischen eine unbefristete Vollzeitstelle.

Frau Ibrahim hat einen Deutschkurs besucht und eine Stelle als Reinigungskraft begonnen. Leider musste ihre Stelle wegen der momentanen wirtschaftlichen Situation gekündigt werden. Sie unterstützt ihre Kinder beim Homeschooling und lernt selbstständig Deutsch über eine App.

Beide Eltern haben in Deutschland inzwischen den Führerschein gemacht. Die zwei Söhne sind 9 und 14 Jahre alt und besuchen die 3. bzw. 8. Klasse an der Turmschule und Geschwister-Scholl-Schule in Leimen.

 

Familie Ibrahim/Yaseen

Familie Ibrahim/Yaseen

Was hat euch am meisten beim Ankommen in Deutschland geholfen?
Frau Ibrahim: „Als wir nach Leimen ins Hotel gekommen sind, gab es viele Menschen, die uns geholfen haben. Ehrenamtliche Frauen sind ins Hotel gekommen, sie haben mit uns Deutsch gelernt, Heidelberg gezeigt und uns nach Hause eingeladen. Wir haben die Frauen dann auch zum Essen eingeladen. Weil die Frauen mit uns eine Mischung aus Deutsch und Englisch gesprochen haben, haben wir schnell einige deutsche Wörter gelernt. Außerdem waren Sozialarbeiterinnen im Hotel, sie haben uns bei allem geholfen. Auch die Mitarbeiter im Rathaus waren immer sehr nett zu uns.“

Was waren oder sind schwierige Punkte in Deutschland für euch?
Frau Ibrahim: „Als wir nach Sigmaringen gekommen sind, kannten wir niemanden, es war sehr kalt und ein sehr großes Camp. Das war alles sehr schwer für mich, ich war sehr traurig. Zum Glück kamen wir dann bald nach Leimen. In Leimen haben wir 2 Jahre als gesamte Familie in einem Zimmer gewohnt. Das war nicht immer leicht, wenn Eltern und Kinder immer zusammen in einem Zimmer sind, aber zum Glück hatten wir hier eine eigene Küchenzeile und ein eigenes Bad.  Am Anfang haben wir leider auch keinen Kindergartenplatz für unseren Sohn gefunden. Ich bin in jeden Kindergarten gegangen und habe nach einem Platz gefragt, leider waren alle Kindergärten zu dieser Zeit voll. Das war frustrierend. Er konnte dann aber doch noch ein Jahr den Kindergarten besuchen.

Mittlerweile leben wir 6 Jahre in Deutschland, wir haben keinen Aufenthaltstitel, letztes Jahr im Oktober kam die Entscheidung zu unserem Asylantrag. Leider wurden wir abgelehnt. Wir wollen gerne in Deutschland leben. Meine Kinder fühlen sich sehr wohl hier, sie gehen gerne zur Schule; sie können auch kein Kurdisch schreiben und würden dort in der Schule nicht zurechtkommen. Mein Mann geht auch sehr gerne arbeiten. Es ist schwer für uns gewesen über 5 Jahre mit dieser Ungewissheit zu leben, ob wir weiterhin in Deutschland leben dürfen. Wir wollen das sehr gerne aber egal wie wir uns bemühen, die Entscheidung können wir nicht treffen. 5 Jahre warten ist eine sehr lange Zeit und dann eine negative Entscheidung zu bekommen, das ist nicht schön. Unsere Hoffnung ist nun doch noch einen Aufenthaltstitel zu bekommen, wenigstens bis unsere Kinder 18 Jahre alt sind.

Es gibt immer wieder schwere Momente, insbesondere, wenn nahen Verwandten aus der Heimat nicht gut geht, wir wissen, dass sie sich die medizinische Versorgung dort nicht leisten können. Wir können auch nicht immer Geld schicken, wir müssen hier ja auch unser Leben bezahlen. Wir leben von dem Gehalt von meinem Mann und ein wenig Asylbewerberleistungen. Weil wir einen negativen Bescheid auf unseren Asylantrag bekommen haben, bekommen wir geringere Leistungen und kein Kindergeld. Wenn wir traurige Nachrichten aus unserer Heimat bekommen weinen wir ganz viel am Telefon. Ganz schlimm ist es, wenn wir liebe Menschen aus der Heimat nicht noch einmal sehen, bevor sie sterben.

Aber es ist ganz wichtig zu wissen: Das Leben geht immer weiter und wir müssen immer versuchen das Beste daraus zu machen

Welche kulturellen Besonderheiten der Deutschen waren am Ungewöhnlichsten für euch?
Frau Ibrahim: „In Deutschland nehmen die Leute nicht so schnell Kontakt zu anderen Menschen auf, sie sagen sich oftmals nur hallo, machen dann aber nichts weiter zusammen. Daran habe ich mich aber inzwischen gewöhnt.

Sehr dankbar bin ich für die Krankenversicherung in Deutschland, allen Menschen kann so geholfen werden. Die Ärzte sind hier sehr nett, sie zeigen sich als ganz normale Menschen. Das kannte ich davor nicht.“

Welche Speisen in Deutschland schmecken dir überhaupt nicht?
Frau Ibrahim: „Kürbissuppe mag ich gar nicht.“

Was magst du an der deutschen Küche?
Frau Ibrahim: „Obstkuchen, z.B. Erdbeerkuchen oder Apfelkuchen. Ich kannte nur Kuchen ohne Obst, das habe ich zum ersten Mal hier in Deutschland kennengelernt „

Welche Angewohnheit hast du von den Deutschen inzwischen übernommen?
Frau Ibrahim: „Ich finde es sehr gut, dass hier feste Uhrzeiten für Treffen und Arzttermine verabredet werden. Das mache ich jetzt auch und pünktlich kommen zu diesen Treffen finde ich mittlerweile auch sehr wichtig.“

Unser Rezept aus dem Irak:
Kubba

Kubba

  • 1 kg Reis
  • 500g Hackfleisch, Rind
  • 2 kleine Zwiebeln
  • Etwas Currypulver, Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel

Nach Belieben:

  • 1 Handvoll Mandelstifte
  • 1 Handvoll Rosinen
  1. Reis im Wasser mit Currypulver und Salz kochen. Der Reis darf nicht zu trocken und nicht zu weich werden. Statt Reis kann auch Couscous oder Bulgur verwendet werden.
  2. Den Reis anschließend auf einem Backblech kalt werden lassen.
  3. Hackfleisch mit klein gehackten Zwiebeln in einer Pfanne anbraten, Mandeln und Rosinen hinzugeben, anschließend alles würzen.
  4. Den Reis nun zu kleinen Kugeln formen und in die Mitte eine Vertiefung drücken.
  5. Die Vertiefung mit Hackfleisch füllen, verschließen, die Reisknödel wie ein Ei formen und die Enden etwas spritz machen.
  6. Öl in einer Pfanne erhitzen und Kubba daran von allen Seiten braten bis sie braun sind- dies kann auch in einer Fritteuse gemacht werden.
  7. Als Beilage wird Salat aus Tomate, Gurken und Zwiebeln serviert.